Hier ist der Grund
Es gibt verschiedene Gründe, warum jemand Deutsch lernen möchte. Ich habe festgestellt, dass der Grund eine sehr wichtige Rolle spielt und sogar der Antrieb für den Erfolg beim Spracherwerb ist. Allerdings ist dies nur meine persönliche Meinung. Viele sprechen von Interesse und argumentieren, dass man eine Sprache lernt, wenn man daran interessiert ist. Wenn kein Interesse besteht, lernt man die Sprache nicht. Da ich dieser Meinung zum Teil zustimme, finde ich dieses Thema viel komplexer, als nur Interesse an der Sprache oder einen Grund zum Lernen zu haben. Ich glaube, dass einen Grund zu haben, warum man Deutsch lernt, besser ist, als nur Interesse daran zu haben.
Ich kenne genug Leute, die großes Interesse daran haben, Deutsch zu lernen, und dennoch sehr schlechtes Deutsch sprechen; oder sie schaffen es nicht, mit der Sprache anzufangen, obwohl das Interesse zweifellos besteht. Aber warum ist das so? Woran liegt es? Meine Antwort ist: Interesse allein reicht leider nicht aus, um eine Fremdsprache wie Deutsch zu lernen. Als Menschen haben wir an vielen Dingen Interesse, mit denen wir normalerweise niemals in Kontakt kommen, aber das Interesse bleibt bestehen. Wenn wir jedoch einen Grund haben, werden wir tätig, weil wir eine Motivation haben.
Der Spracherwerb ist genauso wie andere Fächer, die man in der Schule lernt. Du darfst auch nicht vergessen, dass wir als Menschen unterschiedlich sind. Es gibt Leute, die Mathematik einfacher finden als Sprachenlernen und umgekehrt. Ich persönlich fand Sprachenlernen einfacher als Mathematik. Das hat allerdings gar nichts mit Talent zu tun. Einige Leute sagen, dass diejenigen, die Sprachen leichter lernen, irgendwie begabt sind. Ich bin da ganz anderer Meinung. Auf jeden Fall müssen sich diejenigen, die den Spracherwerb schwierig finden, mehr anstrengen als diejenigen, die ihn einfach finden. Nun ist die Frage: Wer bist du? Gehörst du zu denen, die sich mehr anstrengen müssen als andere, die sich nicht anstrengen müssen? Es ist im Grunde genommen egal, denn das Problem, keine Fortschritte beim Deutschlernen zu machen, betrifft beide Seiten.
Du lernst nun schon eine Weile Deutsch und merkst, dass es sich nicht verbessert. Es ist allerdings nicht möglich, dass du keine Fortschritte machst. Zumindest glaube ich das nicht. Du machst Fortschritte, du vergisst nur zu oft oder du hast aufgehört, aktiv zu lernen. Hier ist der Grund, warum dein Deutsch nicht besser wird: Du bist mit deinem jetzigen Deutschniveau zufrieden. Ja! Das hast du richtig gehört. Du bist einfach mit deinem Niveau in der deutschen Sprache zufrieden. Vielleicht hast du dies noch nicht gemerkt, aber es ist tatsächlich der Grund. Lass mich das erklären.
Jeder, der Deutsch förmlich lernt, tut dies nach dem Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER). Dies ist allerdings ein großer Fehler. Die Niveaus sagen dir, wie viel Deutsch du angeblich kannst, und je nach Niveau beurteilen viele Deutschlernende ihre Deutschkenntnisse nach diesem System. Wir haben oft erlebt, dass Deutschlernende ein hohes Niveau haben, aber kaum Deutsch sprechen können. Wie ist das möglich? Wenn die Niveaus festgelegt sind und ein Sprachlernender ein Niveau nur nach Ablegung einer Sprachprüfung erlangen kann? Wie kann man ein B2-Sprachniveau nach dem Europäischen Referenzrahmen für Sprachen nachweisen können und nicht einmal Deutsch auf diesem Niveau sprechen? Nun ja, das ist eben Schule. Es hat in der Regel gar nichts mit der Realität zu tun. Hähähä… Leg dieses Zertifikat zur Seite und lern Deutsch ordentlich, ohne den Versuch, ein schriftliches Niveau zu erreichen. Die Zertifikate sind schön und wichtig für bestimmte Zwecke, zum Beispiel für den Antrag auf einen Aufenthaltstitel, allerdings sind sie zur Verbesserung deiner Deutschkenntnisse nicht anwendbar. Sie führen dazu, dass du mit einem bestimmten Sprachniveau zufrieden bist, jedoch spiegelt das Sprachzertifikat das tatsächliche Niveau der Deutschlernenden nicht wider. Zudem entsteht diese Zufriedenheit, die dazu führt, dass man sein Deutsch nicht verbessern kann. Der Spracherwerb ist ein physisches Spiel – wenn du zu früh zufrieden bist, obwohl du nicht fließend im Deutschen bist, dann wird sich dein Deutsch auf gar keinen Fall verbessern. Ich spreche aus Erfahrung. Ich habe diese Sprache auch wie jeder andere gelernt, und es gab Zeiten, in denen ich mit meinem Deutsch zufrieden war – es war schon gut. Ich konnte Deutsch ohne Fehler sprechen, aber ich war nicht fließend. Durch meine Zufriedenheit merkte ich irgendwann, dass mein Deutsch zwar sehr gut war, aber es stagnierte – ich hatte mir keine Mühe mehr gegeben. Warum sollte ich auch, wenn ich mit meinem jetzigen Deutsch zufrieden war? Ich hatte keinen Grund mehr, und so blieb mein Deutsch auf dem gleichen Niveau.
Ich kenne dieses Gefühl. Ich kenne dieses Problem. Das Gefühl, dass dein Deutsch nicht besser wird. Es wird besser – du bist nur zufrieden mit dem Deutsch, das du aktuell sprichst. Dies blockiert die Chancen, die Sprache zu verbessern. Glaub es mir! Ich habe es selbst erlebt. Ich kenne ebenfalls das Problem der Zufriedenheit – eigentlich sollte es eine gute Sache sein. Man muss schon mit seinen Sprachkenntnissen zufrieden sein, aber beim Deutschlernen kann dies tatsächlich ein Problem sein.
Nachdem ich gemerkt hatte, dass ich mit meiner Zufriedenheit meinen Lernprozess geschädigt hatte, musste ich mich neu orientieren. Ich musste eine Lösung finden, damit ich mein Deutsch weiterhin verbessern konnte. Ich kannte das Problem, mir fehlte nur eine Lösung dafür. Es gab keine richtige Lösung dafür. Ich habe mich einfach dafür entschieden, Deutsch weiterhin zu lernen, als ob ich das unbedingt machen müsste. Es mag verrückt klingen, aber so habe ich dieses Problem gelöst. Ich denke, was auch viel geholfen hat, ist die Tatsache, dass ich Deutsch so lieb habe – ich hatte also immer noch die Motivation, einfach so weiterzulernen.