Das neue Zuhause, Deutschland
Es war ein gutes Jahr. Ich hatte endlich mal das Gefühl, dass ich etwas Neues in Deutschland aufgebaut habe, und zwar ein neues Leben.
Vieles geht schief, das ist klar. Allerdings habe ich einiges hier in Deutschland gelernt, um das Leben weniger stressig zu führen. Es klappt zwar nicht jedes Mal, aber wenn es klappt, habe ich weniger Stress im Leben.
Viele meinten, dass ich so viel in kurzer Zeit geschafft hatte. Oh, die lieben es, das zu sagen. Aber es war ja für mich nur der Anfang. Ich sehe das Leben etwas anders. Nach jedem gelösten Problem, kommen immer wieder neue Probleme hinzu, die man auch lösen muss.
Zudem erfordert jeder weitere Schritt in die richtige Richtung neue Fertigkeiten. Es wird zwar oft gesagt, dass wir jeden Tag lernen, aber ich denke nicht so. Keiner hat die Zeit dafür jeden Tag, etwas Neues zu lernen, es sei denn, sie sind dazu verpflichtet.
In meinem Fall habe ich festgestellt, dass je weiter ich in die richtige Richtung gegangen bin, desto schneller wurde ich mit den fehlenden Fertigkeiten konfrontiert. Es fehlt immer wieder etwas. Dies hat zur Folge, dass ich nie sicher war, ob ich fit genug sein werde, um mein gewünschtes Leben aufbauen zu können. Ein schreckliches Gefühl. Es ist leider kein schönes Leben, wenn man immer unter Druck steht aufgrund stetiger persönlicher weiter Entwicklung.
In Deutschland ist es häufig so, dass Du mehr Respekt, Akzeptanz und Ähnliches kriegst, wenn dein Deutsch vernünftig ist. Es ist nicht in allen Fällen so, aber es ist in vielen anderen Fällen so. Ich stand kurz vor dem Ende meiner Umschulung. Hähähä. Ich finde es schon lustig, dass ich ,,kurz‘‘ schreibe, wenn es genau 6 -7 Monate bis zur Abschlussprüfung waren. Ich konnte kaum warten. Allerdings war ich nicht mal bereit für die Abschlussprüfung. So viel musste ich lernen. Ich meine alles, was ich in den letzten zwei Jahren gelernt habe. Ich hatte auch keine Lust, aber es musste gemacht werden.
Da vieles immer noch vom Niveau meiner Deutschkenntnisse abhängig war, habe ich mich nochmal an zwei verschiedenen Deutschkursen gemeldet. Zu diesem Zeitpunkt bzw. im dritten Jahr konnte ich ehrlich gesagt 85% der deutschen Sprache verstehen; aber es war leider nicht genug für den Beruf und für die Schule. Ich hatte immer Schwierigkeiten beim Verstehen. Ich habe häufig deutsche Wörter bzw. Texte wörtlich verstanden. Das Lesen von Romanen, um dieses Problem zu lösen, kam für mich nicht in Frage. Ich kann leider nicht alles lesen. Es kann nur ,,gezieltes Lesen‘‘ ausüben, und das zu lesende Buch muss für mich sehr interessant sein. Also, ich habe dann für zwei weitere Kurse bezahlt.
Die Kurse waren ausschließlich für die Verbesserung der Grammatik und Rechtschreibung. Mehr wollte ich eigentlich nicht lernen. Ich hatte schon angefangen, mit meinen alten Notizen von den vorherigen Kursen zu lernen. Also ich brauchte nur Unterstützung bei der Grammatik sowie der Rechtschreibung, obwohl viele von den Fehlern aus Unsicherheit resultieren. Ich wollte auch mal raus, ich wollte neue Leute kennenlernen. Also waren die Kurse eine gute Entscheidung, obwohl ich noch glaube, dass man seine Sprachkenntnisse verbessern kann, ohne zum Kurs gehen zu müssen. Ich habe trotzdem zwei weitere Deutschkurse besucht. Hähähä. Ich bin nur ein Mensch!
Falls Du meinen letzten Beitrag (Teil II) gelesen hast, dann weißt Du schon, dass ich meine Zwischenprüfung abgelegt hatte. Das einzige Zeichen, dass ich fast mit meiner Umschulung fertig war. Leider sind Zwischenprüfungen der Immobilienkaufleute nicht benotet. Also, wir haben die Prüfung nur für uns gemacht. Nur unseren Wissensstand festzustellen. Na ja, und natürlich die 1.000 € vom Arbeitsamt bei bestandener Zwischenprüfung. Ansonsten mussten wir eigentlich die Prüfung nicht ablegen. Nur Ausbildende sind dazu verpflichtet, diese Zwischenprüfung abzulegen. Auf die Ergebnisse mussten wir sechs Wochen lang warten. Da diese Zwischenprüfung keinen Einfluss auf die Noten unserer Abschlussprüfung als Immobilienkaufleute hat, habe ich kaum an die Ergebnisse gedacht. Der Stress der bevorstehenden Abschlussprüfung war schon in meinen Kopf eingezogen. Hähähä.
Ich hatte schon an die Zukunft gedacht. Vor allem wollte ich endlich mal eine Auszeit nehmen. Sprich 1-3 Monate Arbeits- und Schulverbot; traumhaft oder erschreckend? Statt mich für diese Auszeit einzuplanen, habe ich mir die Frage gestellt, ob ich die Auszeit verdient hatte oder nicht. Wow! So viel konnte ich mich ,,ausruhen“. Diese ,,goldenen“ Tage in Deutschland. Stell Dir mal vor, dass Du die ganze Zeit am Arbeiten und lernen bist, für 3,5 Jahre ohne großartigen Urlaub. Ich hatte wirklich nie die Gelegenheit, um irgendwo hin in den Urlaub zu fahren. Ich weiß, dass es nicht so viele Jahre sind, für viele dauert es wahrscheinlich länger als 3,5 Jahre, aber für mein Empfinden waren sie viel.
Der Weg zu einem stabilen Leben in einem neuen Land ist echt lang. Na ja, natürlich nicht für alle. Es gibt Leute, die nicht bei Null starten müssen. Es war übrigens meine Entscheidung von null an, anzufangen. Ich hatte die Möglichkeit irgendwo in der ,,Mitte‘‘ anzufangen, aber ich habe mich für das Neustarten entschieden. Hat es sich gelohnt? Ja und Ja und Ja, allerdings würde ich es nie wieder machen. Würde ich es jemandem empfehlen? Sicher! Es kommt jedoch auf viele Faktoren an. Diese Frage ist leider nicht pauschal zu beantworten.
Das dritte Jahr war auch sehr kurz. Die Zeit war so schnell vergangen, dass ich schon irgendwie im vierten Jahr war. So viel hat sich schon verändert und meine Umgebung war mir nicht mehr fremd. Ich werde nie dieses Gefühl vergessen. Es bedeutet mir so viel. Wenn ich an mein erstes Jahr denke, kann ich nur sagen, dass das Leben in Deutschland einigermaßen einfacher (für mich) wurde.
Kurzübersicht des dritten Jahres
1. War noch im Praktikum
2. Aufenthaltstitel bzw. Reisepass beantragt
3. War noch in der Umschulung
4. Neue Deutschkurse besucht
5. Weiterhin in meinem Geschäft gearbeitet
6. Meine Zwischenprüfung abgelegt
7. Bin umgezogen aufgrund des Praktikums (neue Stadt kennengelernt)
